„Wo Spritzer draufsteht, ist Rodheim drin“, verkündete Sitzungspräsident Klaus Hagenrainer am Samstagabend im Rodheimer Bürgerhaus. Hierhin hatte der Karnevalsverein der örtlichen Feuerwehr, die „Spritzer“, zum närrischen Treiben eingeladen, bei dem vor allem die „Roaremer“ (wie man sich hier selbst bezeichnet) auf der Bühne zum Zuge kamen. Ein voll besetzter Saal war der beste Beweis dafür, dass dieser Verein mit seinem Konzept, eine närrische Sitzung aus eigener (Rodheimer) Kraft zu stemmen, auf der Erfolgsschiene liegt. Natürlich hatte man auch diesmal nicht auf die Tänzerinnen und Tänzer von Tanzgarde, Chapeau Claque oder den Rodheimer Steppern verzichtet – die Hauptsache war aber, dass das komplette Programm – bis auf zwei kurze Ausnahmen – hausgemacht roaremerisch war.
Die beiden Zeremonienmeisterinnen Ina Spahn und Gisela Metzger hatten alle Hände voll zu tun, um sechs Stunden lang dafür zu sorgen, dass Büttenredner und Sänger, Showtänzer, Pipi Langstrumpfs, Piraten oder Schlangenbeschwörer inmitten einer ausgelassenen Narrenschar sicher zur Bühne und auch wieder zurück geleitet werden konnten.
„Die Rodheimer Spritzer schwitzen“ lautete das Motto, zu dem Benny Muhle als nimmermüder Kreativkopf Bühnenbilder vom eisigen Norden bis hin zu den Sandwüsten Afrikas entworfen hatte. Ein Karnevalsorden in Form eines Thermometers zeigte an, wo die Stimmung nach den Vorstellungen der Veranstalter enden sollte: am Siedepunkt. Dies sollte den bodenständigen Karnevalisten mit Unterstützung der Ein-Mann-Band des Ex-Rodheimers Rainer Hild schließlich auch gelingen.
Gleich zu Beginn hielt Protokoller und Ehrenpräsident Dieter Röder ein waches Auge auf das, was im vergangenen Jahr ortsnah oder weltweit die Gemüter bewegt hatte. Ob es die Diskussion um Guttenbergs Doktorarbeit war oder ein Reißverschluss, der einem Rodheimer Hosenträger peinlichst seinen Dienst verweigerte – hier wurde alles haarklein unter die Lupe genommen und mit einer kräftigen Prise Humor sorgsam geschildert. Hart ging er mit den Bewohnern der beiden Ortsteile Ober- und Nieder-Rosbach ins Gericht: „Ein Rosbacher hat kein Hirn“ behauptete der Alt-Rodheimer schließlich – wohl vergessend, dass Rodheim seit Anfang der 70er Jahre auch ein Teil der Stadt Rosbach ist.
Ina Spahn als „Frau vom anderen Stern“ hielt den irdischen Männern einen Spiegel vor Augen, indem sie die Rollenverteilung auf den Kopf stellte. „Die Männer auf meinem fernen Stern sind flottere Gestalten als diese hier“, behauptete sie. Fit in der Hausarbeit, fähig zum Kinderkriegen, stets fleißig und durch und durch solide seien sie – und deshalb so bedauernswert wie hierzulande die Frauen. Da konnte Max Karowski als „Frauenhasser“ und Männeraufklärer nur kontern: „Der Herr im Haus ist hier der Mann, das Weib, das sei ihm untertan“, ließ er unmissverständlich wissen – was ihm einen spontanen Zuruf aus dem stets wachsamen Publikum bescherte: „Das ist alles nur gelogen“, ertönte eine weibliche Stimme.
Ein Geburtstagskind, gemimt von dem erst zwölfjährigen Felix Wallenstein, sowie Uschi Perle und Gaby Seifert-Kahl als Teilnehmerinnen einer Führerscheinprüfung ließen alte Erinnerungen hochkommen, indem sie typische Situationen mit spitzer Zunge zum Besten gaben. Schließlich rundete das skandalträchtige „Rodheimer Callgirl“ Johannes Schäfer das heitere wie abwechslungsreiche Büttenprogramm ab. Da konnte auch Bürgermeister Detlef Brechtel nicht ungeschoren davonkommen.
Dazwischen bevölkerten zahlreiche Rodheimer Tanztalente die Bühne. Ob Little- oder Crazy Devils, die BumbleBees oder die Mini- und Midigarden aus den Reihen der Tanzgarde, sie alle begeisterten durch fantasievolle Tänze und entzückende Kostümierungen. Der Twirling- und Tanzsportclub „Chapeau Claque“ war mit seinen Gruppen Fantasy, Magics und HipHop mit dabei, und die Rodheimer Stepper holten mit ihrem Auftritt altbekannte ABBA-Meledien in die Wetterau.
Als Multitalent entpuppte sich der gebürtige Rodheimer Hans Henze, der nicht nur den Tonumfang weiblicher und männlicher Stimmen beherrschte, sondern auch als Trompeter ohne Trompete ein Ständchen gab.“Hans hat auch nach seinem Umzug nach Wiesbaden sein Rodheim nicht vergessen“, freute sich Sitzungspräsident Hagenrainer.
„Der harte Kern der Spritzer-Fans weiß, dass jetzt noch ein Programmpunkt fehlt“, meinte er schließlich, lange nachdem die Uhr schon Mitternacht geschlagen hatte. „Wenn das Polareis geschmolzen ist und Rodheim am Sandstrand liegt, dann kommen die Roaremer Bouwe zu Einsatz“, leitete er den letzten Programmpunkt ein. Nach den Klängen von Baywatch und der „Titanic“-Melodie boten die 13 Tänzer einen genau so witzigen wie gekonnten Tanz, der ihnen schon nach den ersten Bewegungen Bravo-Rufe aus dem begeisterten Publikum bescherte – nicht zuletzt deshalb, weil Johannes Schäfer als hinreißend süße Pamela Anderson im knallroten Badeanzug eine Supershow vorlegte.
Der Text wurde uns freundlicherweise von Frau Halaczinsky zur Verfügung gestellt / Bilder: C. Franz